Willi Grunewald praktiziert nun in Salzwedel. Gut für Patienten der Kreisstadt, schlecht für jene um Dähre: Eigentlich wollte er dort ein medizinisches Zentrum errichten.

#Salzwedel / #Dähre In der Verbandsgemeinde Beetzendorf-Diesdorf werden sich wohl einige Dorfbewohner ärgern. Eigentlich sollte vor ihrer Haustür ein medizinisches Versorgungszentrum entstehen. Das wäre in der von Ärzten unterversorgten Region auch bitternötig. Doch die Bürokratie macht den Plänen eines Professors offenbar einen Strich durch die Rechnung. Gut für die Stadtbewohner: Nun praktiziert der erfahrene Facharzt in Salzwedel. Ein Dilemma offenbart es trotzdem.

Der erfahrene Mediziner Willi Grunewald mit seinen Mitarbeiterinnen in der neuen Hausarztpraxis in Salzwedel.

Empfangstresen, Wartezimmer, Labor und Sprechzimmer: Alles nigelnagelneu. Seit dieser Woche gibt es eine neue Hausarztpraxis in der Kreisstadt. Unweit des Krankenhauses, wo zuvor die Ärztin Ulrike Müller Jahrzehnte praktizierte. Nun kümmert sich dort Professor Doktor Willi Grunewald um Patienten. Ein Spezialist für Innere Medizin, Nierenerkrankungen und Bluthochdruck.

„Die Hausarztversorgung ist daran schuld“, antwortet der Facharzt auf die Frage, warum er im Alter von 67 Jahren noch eine Hausarztpraxis öffnet. Der großgewachsene Mann hat es sich zum Ziel gesetzt, dem Ärztemangel im Norden des Landkreises aktiv zu begegnen. „Ich bin noch fit.“ Und so lange er dies ist, wolle er an seinem Ziel festhalten: Ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) etablieren. Doch dabei stößt er auf ungeahnte Hindernisse.

Eigentlich, so der Arzt, sollte das MVZ in die altmärkische Fläche. Dort, wo die ärztliche Versorgung besonders prekär ist. Unter Applaus stellte der anerkannte Facharzt seine Pläne im August 2024 dem Gemeinderat von Dähre vor. Die Idee: mehrere Ärzte unter einem Dach. Ähnlich der Polikliniken zu DDR-Zeiten. Mit der Grunewald-Stiftung als Träger.

„Junge Ärzte tun sich bei der Niederlassung manchmal schwer“, erzählt er. Würden das unternehmerische Risiko scheuen. Das könne die Stiftung tragen. Ebenso den Papierkram erledigen. Stichwort Abrechnung. „Die jungen Ärzte bräuchten nur zu praktizieren.“ Als Angestellte. Egal ob Allgemeinmediziner oder Fachärzte.

Die neue Hausarztpraxis ist in den ehemaligen Räumlichkeiten der langjährigen
Medizinerin Ulrike Müller an der Karl-Marx-Straße 33 in Salzwedel zu finden.

So jedenfalls die Vorstellungen des Mediziners, der über viele Jahre eine Dialysestation in Perleberg leitete. Am seinem Wohnsitz in Eickhorst, wenige Kilometer von Dähre entfernt, wollte er das Vorhaben verwirklichen. „Ich dachte anfangs, sie rollen mir den roten Teppich aus.“ Mitnichten. Denn in das Gebäude dürfe laut Baubescheid keine Arztpraxis integriert werden. Es gebe für den betreffenden Bereich weder einen Flächennutzungsplan noch eine Abrundungssatzung, habe man dem Arzt mitgeteilt. Stattdessen brauche es erst einmal einen Bebauungsplan. Doch die Gemeinde hat keinen Haushalt, um das zu realisieren, erklärte Dähres Bürgermeister der Volksstimme 2024.

Beim Landkreis kennt man das Problem. Hilfe fand der Arzt dort trotzdem nicht. „Das besagte Grundstück befindet sich im Außenbereich, wo nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Bebauung zugelassen ist“, heißt es aus der Kreisverwaltung. Eine Arztpraxis gehöre jedenfalls nicht zur „privilegierten Nutzung“.

Aufgrund bürokratischer Widerstände in Form der Bauordnung des Landes befindet sich die Praxis nun in Salzwedel. Sehr zum Leidwesen der Landbevölkerung im Bereich Dähre. Nach Angaben der Kassenärztliche Vereinigung fehlen in der Region insgesamt elf Hausärzte.

Von Alexander Rekow

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner